Für den Radlsee wird Messe gelesen
Der "Radlsee" heißt ein kleiner See, welcher sich bereits auf der höchsten Kuppe eines Gebirges westlich von Brixen befindet.
So klein der See ist, so groß und unergründlich ist er in
seiner Tiefe. In Brixen herrscht daher Furcht vor seinem Ausbruche, und
das um so mehr, da ein alter Wahrsager den Ausbruch desselben und den
Untergang Brixens prophezeit hat. Allwöchentlich, sagt man, wird
in Brixen eine heilige Messe zur Abwendung des Übels gelesen. Dieser
See hat seinen Namen daher, weil einmal in den etwa 3 Stunden entfernten
Dürnholzer See ein Wagenrad geworfen wurde, welches dann im Radisee
auf dem Wasser emportauchte. Eine ähnliche Sage erzählt man
im Zillertal, wo in Zell, die Gefahr zu behüten, auch eine heilige
Messe jährlich gelesen wird. Desgleichen auch vom Zireiner See am
Sonnwendjoch, für welchen die Messe zu Mariatal gestiftet sein soll.
Auch in Thüringen finden sich ganz ähnliche Sagen. So soll für
den Schneekopf, für den Sieger Berg, für den Sperrhügel
und andere im Dom und im St.-Petri-Stift zu Erfurt alljährlich einmal
Messe gelesen werden, damit ihr Wasser nicht ausbreche und die Gegend
ertränke.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 369.