Der Teufelsbanner in Hall

"'s Probiern ischt über 's Schtudiern" , dachten einmal drei Bürger zu Hall und gingen eines Abends vor Mitternacht im hellen Mondschein zum Tor hinaus, abwärts nach Mils zu aufs dortige Galgenfeld, und wollten das Teufelsbannen probieren. Sie zogen Kreise, drei ineinander, wie es Brauch ist, gegen Sonnenaufgang eine handbreite Öffnung, und schrieben dazwischen viele heilige Namen und Kreuze hinein, damit Ein- und Ausgang geschützt sei, und S1e selbst stellten sich fest und mutig in die Mitte. Einer von ihnen, der Älteste, schlug das Zauberbüchlein auf und las darinnen so lange, bis ein Jäger jauchzend daherkam, mit einem großen gefüllten Sack auf dem Rücken. Diesen warf er neben den Kreis hin, daß der Boden erbebte, hierauf setzte er sich nieder und fragte, was ihr Begehren sei. Geld wollen wir, sprach der eine, welcher im Büchlein las, und der Teufel nahm eine Handvoll funkelnder Silbermünzen aus seinem Sack und fragte, ob ihm diese Sorte recht sei. Der Alte betrachtete die Münzen, wußte aber nicht, was es für eine Gattung wäre und verlangte, der Teufel sollte flugs ein anderes Geld bringen, welches hierzulande kursiere. Der Teufel aber sagte, er habe jetzt kein anderes und könne keins bringen und blieb auf seinem Sacke sitzen. Den dreien im Kreis fing nun an ihr Mut etwas kühler zu werden, und der Alte wollte den Bösen wieder fortbannen, aber da schaute auf einmal eine ungeheure Kröte in das Buch hinein, die hatte feurige Augen, wie ein Teller so groß, und der Teufelsbanner wurde dabei so verwirrt, daß er nicht mehr imstande war, eine Zeile weiter zu lesen. Nun hörten sie von Mils her ein Schnalzen, und es rasselten Kutschen daher, schneller als der Wind, und gerade auf sie zu, und die Kutscher schrien: "Aus der Bahn! Aus der Bahn!" Die drei Haller ließen sich aber nicht irre machen, sie blieben ruhig im Kreise stehen, und die Kutschen sausten dicht vorbei, ohne ihnen zu schaden. Bald darauf hörten sie ein Sausen über das Feld herab, und es wogten erschreckliche Wasserwellen daher, und voran liefen Leute, welche um Hilfe schrien und fürchterlich jammerten; aber die drei Haller ließen sich nicht aus dem Kreis herausjagen, sie standen fest, und das Wasser schadete ihnen nichts. Jetzt aber kamen große Feuerbrände, ja Feuerberge muß man sagen, von Hall herwärts und drohten sie zu vernichten. Dabei schrien unsichtbare Stimmen: "Flieht, flieht! Sonst seid ihr verloren!" Aber die drei Haller blieben bergfest im Kreis stehen, und die Feuerberge verschwanden bald wieder, und sie merkten nicht einmal eine Wärme.

Nun sahen sie plötzlich einen ungeheuren Mühlstein über ihren Häuptern an einer Schnur hängen, und daneben schwebte einer in der Luft, der mit einem Messer die Schnur abzuschneiden drohte. Auf dieses hin wollte der Jüngste aus dem Kreis herausspringen, doch der Alte packte ihn fest und zog ihn zurück, aber im nämlichen Augenblicke verlor er selbst die Besinnung und sah nur noch, wie der Teufel einen bis an die Schultern in den Boden hineindrückte.

Beim Morgengebetläuten kam er wieder zu sich, war jedoch nicht mehr am Platz, wo der Kreis war, sondern hinter dem Milser Tore in einem engen Winkel. Er eilte hinaus, zu sehen, wie es mit den andern zweien stehe, diese schliefen noch immer und waren mit einem Nebelwölklein umhüllt. Er weckte sie auf, dann gingen sie mitsammen heim, so arm als sie ausgezogen waren, und sagten: "Wer mit dem Teufel anfangt, der muß auch mit dem Teufel aufhören und wird gewiß tüchtig bei der Nase genommen."

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 106