Zwerge ziehen aus Paznaun fort
Die Zwerge im Paznauntal, besonders um das Dörfchen See herum, waren sehr gutmütiger Art, halfen in den Häusern die Arbeit fördern und zeigten sich hilfreich wie sie nur konnten, hüteten auch die Herden sehr gerne. Und weil es ganz kleine Hüter waren, so haben sie die feineren Leute auch Hüterchen, Hüterlein, Hüt'rchen oder Hütchen benannt, denn der Name "Hüter" wird gewöhnlich statt "Hirte" gebraucht. Er ist "Hüter" im Sommer, im Winter wird er "Fütterer".
Ein Zwerg ließ sich bei einem Bauern von See als Ziegenhüter anstellen und holte die Ziegen täglich in der Nähe des Dorfes ab - ins Dorf hinein jedoch ging er nie - , führte sie auf die Weide, brachte sie abends wieder vor das Dorf und verlor sich darauf im Gebirge. Die Bauern sendeten ihm das Mittagessen auf höchst originelle Weise, indem sie es auf die Hörner eines Ziegenbocks banden, welches der Zwerg dann herabnahm und voll Freude verzehrte. Auf eine andere Weise rührte er nichts an. Einst wollten ihn die Bauern besonders überraschen und schickten auf obige Weise dem Zwerge ein schönes rotes Festtagsröckel zu. Wie derselbe aber das rote Röcklein gewahrte, sagte er traurig vor sich hin: "Nun kann ich nicht mehr Ziegen hüten, weil sie mir ein neu rot Röcklein bieten", ging hinauf ins Gebirge und ward nicht wieder im Tal erblickt.
Auch in Etschland begegnen ähnliche Sagen.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben
von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 200.