Die Teufelsreitstatt
(im Voißenkargraben im Spertenthal [Spertental].)

Im Spertenthal
Da ging einmal
Ein Wilderer auf Gemsenraub.
Ein Jäger schoß versteckt im Laub
Den Weidgesellen nieder.
Der streckte todt [tot] die Glieder.

Noch hielt er fest
Vom Krampf gepreßt
Die Büchse wie zum Schuß gespannt. -
Der Jäger reißt sie aus der Hand,
Der Schuß geht los und blei'te
Und todt fällt auch der Zweite.

Ringsum wird's laut.
Die Windesbraut,
Reißt Bäume um, die Erde bebt.
Und schwarz Gewölk am Himmel schwebt;
Die Sonn' verlischt mit Krachen:
Nur Habergeise *) lachen.

Aus schwarzem Grund
Ersteigt zur Stund'
Ein Riesenteufel ob dem Grab,
Sein rollend Auge blickt hinab.
Es ist fürwahr kein Zweifel
Es ist, es ist - der Teufel.

Auf jeder Seit'
Der Thalesweit'
Hat er den Pferdfuß angesetzt,
Die Krallen sich am Fels gewetzt,
Den Meuchler sammt dem Diebe,
Zerfetzt durch Riß' und Hiebe.

So straft der Herr!
Was wollt ihr mehr?
Die "Teufels-Reitstatt" heißt der Ort,
Um Mitternachtszeit
steht er dort
Das wilde Ungeheuer,
Und raucht und brennt wie Feuer.

Er ruckt und ruckt,
Und guckt und guckt.
Und wie er kaum den Rücken biegt.
Sein Feuerschweif in Lüsten stiegt.
Dem ist's allhier zu enge.
Er streckt sich in die Länge.

Bis Mitterrast
Ja reicht er fast.
Das ist ein Viertelstündlein weit;
Und d' Hörner, denk' o Christenheit
Die stoßen bis zum Himmel -
Ist das ein Höllenschimmel!

Die Lehre ist:
Wer Gott vergißt.
Mit Meuchelmord die Seel' verkauft;
Ein Wilddieb, der nur sauft und rauft.
Und fremdes Wild gestohlen.
Den wird der Teufel holen.

*) Die Habergeis, Strix otus, die mittlere Ohreule, ist ein gefürchteter unheimlicher Vogel, Jäger und Senner hielten ihn für den Teufel selbst; in Mährchen [Märchen] erscheinen sie oftmals als Begleiter des Letztern.

Quelle: Märzenveilchen, Johann Nepomuk von Alpenburg, Innsbruck 1855, S. 35ff