Der Geist von der Werburg [Wehrburg]
Einst hauste auf der Werburg ein Geistermännchen. Dieses hatte die Größe von fünf Spannen. Wenn auf der Burg jemand starb, dann begann der Geist sein Handwerk. Gegen Mitternacht erschien er in der Totenkammer und begann dort laut zu beten. Von der Totenkammer begab er sich in das Schlafgemach des Schloßherrn. Dort sang er ein Grablied. In den übrigen Kammern, die er besichtigte, betete er.
Mancher Knappe und Diener verließ Schloß Werburg, wenn jemand starb. Selbst dem Schloßherrn und dessen Frau gefiel es nicht mehr. Sie wollten das Schloß verkaufen, doch es kam kein Käufer.
Auf das Drängen seiner Frau verließ der Schloßherr seine Burg und kaufte sich von seinen Ersparnissen eine andere. Die Werburg übergab er einem Bauern zur Betreuung.
Was weiter geschah, berichtet die Sage nicht. Man vermutet, daß
der Geist ausgezogen ist in eine andere Burg.
Quelle: Anton Schipflinger in: Tiroler Grenzbote 1937,
Nr. 63, Die Heimat-Glocke (Beilage zum Tiroler Grenzboten und zum Tiroler
Volksblatt, Blatt 9, S. 6.
aus: Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner
näheren Umgebung, gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger
Volksliteraten Anton Schipflinger, zusammengestellt von Franz Traxler,
Innsbruck 1995 (Schlern-Schriften Band 299).