Die unheimliche Begleiterein
Beim "Wallischen" in Zell tanzte man anläßlich einer
Hochzeit bis lange nach Mitternacht. Einer der Geladenen aber mußte,
wenn auch ungern, viel früher aufbrechen, da er weit am Rohrberg
oben wohnte. Als er auf die Straße hinaustrat, kam eine schwarzgekleidete
Weibsperson auf ihn zu und wich keinen Schritt mehr von seiner Seite.
Wie sie jedoch beim Friedhof anlangten, welchen der Bauer auf seinem Wege
passieren mußte, kehrte die Gestalt um, da sie offenbar den Gottesacker
nicht betreten wollte. Nun glaubte der Bauer, die unheimliche Begleiterin
loszuhaben und beflügelte seine Schritte, damit sie ihn gewiß
nicht mehr einhole. Als er aber den Ausgang des Friedhofs ereicht hatte,
sah er mit Schaudern, daß sie trotz des großen Umweges, den
sie gemacht haben mußte, schon auf ihn wartete. Er war nun gezwungen,
mit dieser Begleitung durch den sogenannten Rosengarten zu gehen, wobei
ihn die Gestalt beständig ins Feld hineinzudrängen versuchte,
so daß er sich nur mit Mühe auf dem Wege behaupten konnte.
Herzlich froh war er daher, als die schwarze Kuntin endlich bei der Brücke
über den Mühlcanal zurückblieb, denn so was hatte er bis
er noch nie erlebt.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer
Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von
Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 81.