DER SCHATZ AM HÖTTINGER BERG
Eine Taglöhnerin aus Hötting ging einst mit ihrem Töchterchen in den Wald hinauf, um Holz zu sammeln. Hinter dem Planötzenhofe trennten sie sich. Plötzlich gewahrte das Mädchen, welches ein Siebenmonatskind war und deshalb mehr sah, als andere Leute, einen Geist vor sich, der beständig winkte, ihm zu folgen.
Planötzenhof bei Innsbruck
Postkarte 1913, Sammlung Stadtarchiv Innsbruck
Wie von einer unsichtbaren Macht getrieben, lief es, was es laufen konnte,
der Erscheinung nach, so daß dem Kinde der Schweiß nur so
heruntertropfte. Endlich blieb der Geist oberhalb des Höttinger Bildes
bei einem tiefen Loche im Boden stehen. Ringsumher war der Wald "liacht
und roath", und das Mädchen blieb einen Augenblick verwundert
stehen, dann lief es schnell zur Mutter zurück und bat, sie solle
doch schauen, wie schön rot erleuchtet da oben der Wald sei. Als
sie aber auf jene Stelle kamen, sah weder die Mutter noch das Mädchen
etwas besonderes mehr. Verwundert ging sie hierauf mit dem Töchterchen
zu einem Kapuziner und ersuchte ihn um Auskunft, was wohl dies zu bedeuten
gehabt habe. Der Pater sagte zu ihr, daß es ein Schatzblühen
gewesen sei, und wenn das Kind den rechten Schuh ausgezogen und ihn ins
Loch geworfen hätte, so wäre es in den Besitz des ganzen Schatzes
gekommen, und die arme Seele, die ihn hütet, hätte damit ihre
Erlösung gefunden.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer
Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von
Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Seite 51