Die eingebrannte Hand
Einer Pfarrersköchin in Hall erschien einst ein Geist, in welchem
sie zu ihrem größten Leidwesen den nicht lange vorher verstorbenen
Vater erkannte, allein die Jungfer hatte nicht den Muth, ihn zu besprechen.
Als sich aber die Erscheinung wiederholte, nahm sie sich zusammen und
fragte den Schatten ihres geliebten Vaters, ob sie etwas zu seiner Erlösung
thun könne; sie würde gewiß keine Mühe scheuen. Der
Geist antwortete darauf: "Ich habe zu meinen Lebzeiten ein hölzernes
Kreuz vom Wege fortgenommen, und müßtest, um mich zu erlösen,
zwanzig Jahre hindurch, jede nacht auf einem großen Kreuze liegen".
Bevor der Büßer verschwand, wollte er ihr noch einen Beweis
seiner unerträglichen Leiden geben und drückte die rechte Hand
in ein buch, welches aufgeschlagen auf dem Tische lag. Und siehe da, wie
mit einem glühenden Eisen war die Form der Hand auf dem Blatte des
Buches eingebrannt und soll heute noch zu sehen sein. Der Köchin
aber war es bei ihrer Kränklichkeit unmöglich, jene Bedingungen
zu erfüllen.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 48.