Das geheimnisvolle Feuer
Auf der Milser Heide bei Hall sah man noch vor nicht langer Zeit des
Nachts ein gewaltiges Feuer lodern. Niemand getraute sich, an dasselbe
näher heranzukommen, denn man wußte nicht, was es etwa mit
ihm für ein Bewandtnis habe. Da faßte endlich ein riesiggroßer
und starker Bauernknecht, der die furcht nur dem Namen nach kannte, den
Entschluß, es zu untersuchen. Er versah sich zuvor aber noch mit
geweihten Scapuliers und Gnadenpfennigen, ergriff einen tüchtigen
Stecken und gieng in Begleitung mehrerer Kameraden auf die Weise hinaus.
Sobald sich in der dunkeln Nacht das Feuer zeigte, schritt er muthig darauf
zu. Doch wie er nur noch ein kleines Stück davon entfernt war, blitzten
die Flammen hoch auf und das Feuer war verschwunden. Der Knecht aber hatte
das ganze Gesicht voll Wunden und Beulen und lag darauf mehrer Monate
lang schwer krank darnieder. Das Feuer hatte, wie man nun allgemein glaubt,
einen Schatz geborgen, allein der Knecht wird wohl die gnade nicht gehabt
haben, ihn zu heben.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 51.