Der grüne Jäger

1.

Eine Dirn erwartete einmal ihren Geliebten, wie sie mit ihm verabredet hatte, auf der Schwazer Brücke. Er hatte versprochen, mit ihr zum "Stern" zu gehen, wo es heute gar lustig hergieng und die Musikanten fröhliche Weisen zum Tanze aufspielten. Lange Zeit wartete das Mädchen vergebens, da kam ein ihr unbekannter, bildhübscher Jägerbursche des Weges und fragte dasselbe, ob er es vielleicht zum Tanze führen dürfe. Die Dirne sagte freudig zu, da sie dachte, ihr Liebhaber komme doch nicht mehr.

Schwazer Brücke © Berit Mrugalska
Die Schwazer Brücke
rechts die Spitalkirche

© Berit Mrugalska, 8 Februar 2005

Auf dem Wege zum Wirtshaus begegnete ihnen ein Kapuziner. Dieser winkte dem Mädchen auf die Seite und warnte es eindringlich vor ihrem Begleiter, denn der Mönch hatte gleich erkannt, daß der hübsche Jäger der Teufel war. Als sich die Dirne nach dem Burschen umsehen wollte, war er verschwunden und hatte einen abscheulichen Schwefelgestank hinterlassen.

2.

In einem Dorfe des Unterinnthals war ein Bursche mit seinem Dirndl an einem Sonntagnachmittag zu streiten gekommen und führte es deshalb abends nicht zum Tanze. Traurig schaute es nun aus seinem Kammerfensterl auf die Straße hinunter, ob nicht vielleicht ein anderer käme, es abzuholen. Als schon die Nacht hereingebrochen, sah das Mädchen einen schmucken Jäger daherkommen. Dieser schaute zu ihm hinauf und rief: "Nannele, bist a no z'Haus? Geahst heit nit zur Musig?" "I gang woll, wenn war kam und wenn's a d'r Schelche selber war", lautete die Antwort, und der grüne Jäger forderte nun erfreut das Dirndl auf, mit ihm zu gehen.

Flugs begaben sich beide auf den Tanzboden. Hier zeigte sich, daß der Nimrod das Schuhplatteln wie kein zweiter los hatte, und seine lustigen Sprünge wurden von allen bewundert. Dabei schien er außerordentlich gut bei Cassa zu sein, denn er legte den Spielleuten einen Thaler nach dem andern für "Extrige" auf den Tisch. Bald wollte ihnen aber dieses Geld nicht mehr recht taugen und plötzlich bemerkten sie auch, daß er Geißfüße hatte.

Jetzt zeigte sich der flotte Tänzer in seiner wahren Gestalt, und alles stürmte zur Thüre hinaus. Das arme Dirndl aber konnte weder der Herr Pfarrer, noch Vater oder Mutter dem Teufel entreißen, nur das "Tafgotl" vermochte es aus seiner Gewalt zu befreien.

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 80.