"Helf Gott!"

Im Pusterthale lebte einmal ein sehr unredlicher Bauer, der die Wörtchen "mein und dein" nicht ungern zu seinen Gunsten verwechselte. In dieser Absicht machte er sich einst auf den Weg zu einem Bauern bei Welsberg, von dem er wußte, daß er schöne Ochsen im Stalle hatte. Er schnüffelte lange im Abenddunkel um das Haus herum, fand aber keine passende Gelegenheit, ungesehen in den Stall zu kommen. Da trat ein kleines Manndl zu ihm und ließ sich mit demselben in ein Gespräch ein. Da der Bauer sofort wußte, daß er den Teufel vor sich habe, offenbarte er ihm seinen Plan. Das Manndl versprach dem Bauern, beim Diebstahl behilflich zu sein, wenn er ihm vorerst einen Gefallen erweise. Der Spitzbube war damit einverstanden. Nun erklärte ihm der Teufel, er habe es auf die zweitälteste Tochter des Bauern, der eben bestohlen werden sollte, abgesehen. Er solle mit ihm um eine Nachtherberge bitte, und wenn das Dirndl, während sie in der Stube seine, niese, so dürfe er beileibe nicht "helf Gott" sagen, denn sonst entrinne ihm die Beute. Gesagt, gethan; die beiden giengen in das Haus und wurden freundlich aufgenommen. Beim Nachtessen fieng das Mädchen zu niesen an. Als es zum dritten nieste und er Teufel schon seine Krallen nach dem Dirndl ausstreckte, konnte sich der Bauer nicht mehr halten, der Bedrohten ein kräftiges "helf Gott!" zuzurufen. Jetzt schrie der Teufel entrüstet: "Ochsendieb, Ochsendieb!" und schoß zum Fenster hinaus. Das Dirndl aber war gerettet und besserte sich.

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 91.