Hexen in Katzengestalt
1.
Ein Völser Bauer hatte in seinem Garten "Arbas'n" (Erbsen)
gepflanzt. Als sie reif wurden, machte er die Entdeckung, daß viele
davon abgebrochen waren. Er ärgerte sich darüber nicht wenig
und nahm
sich vor, dem Diebe aufzupassen. Schon in der nächsten Nacht bemerkte
er, daß eine schwarze Katze heranschlich und die Erbsen abfraß.
"Dieses Vieh werde ich schon noch kriegen", dachte sich der
Bauer. Für die nächste nacht lud er sein Gewehr, und als die
Katze wiederkam, feuerte er dasselbe auf sie ab. Nun war das Thier wie
vom Erdboden verschwunden. Andern Tags in der Frühe läutete
das Sterbeglöcklein; es galt einer Bäurin, die während
der nacht von unbekannter Hand erschossen worden war.
2.
An einem Samstag kehrte in Völs ein Bauerbursche noch spät abends vom Heimgarten nach Hause zurück. Am Gehen sprang ihm aber beständig eine schwarze Katze zwischen die Füße. Da sie sich mit einigen Fußtritten nicht vertreiben ließ, riß der Bursche eine Latte vom nächtlichen Zaune weg, holte aus und traf das Thier auf den Kopf. Nun lief es jämmerlich schreiend davon und belästigte ihn nicht weiter.
Am Sonntag früh sah er beim Kirchgang ein altes Weiblein mit ganz verbundenem Kopfe und rief ihr vor allen Leuten zu: "Ha, springst m'r du no amol zwisch'n de fiaß eihn? I moan, du geist iatz Ruah!" Die erkannte Hexe machte sofort kehrt und gieng an jenem Sonntag nicht einmal mehr zum Gottesdienst.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 103/1 u. 103/2.