Der Putz auf der Kematner Alm

Ein Viehdoctor, der sonst an keinen Geist glaubte, wurde einmal auf die Kematner Alm geholt. Da er dort länger zu thun hatte, mußte er in der Hütte übernachten. Derselbe hatte noch nicht lange geschlafen, als er durch einen Heidenlärm geweckt wurde. Es warf die Pfannen durcheinander, machte sich bei den Seihen und Schüsseln zu schaffen, kurz, es war ein "Geklumper", wie er es sein Lebtag noch nie gehört hatte. Die Sennen nickten einander geheimnisvoll zu, der Thierarzt aber wollte wissen, was denn hier dahinter stecke. Alle erhoben sich nun vom Lager, machten Feuer auf, um das sie sich herum setzten und ihre Pfeifen stopften. Der Lärm in der Hütte war nun zwar verstummt, desto ärger aber giengs draußen los, das Vieh schnaubte und brüllte und es herrschte ein solches Getrampel und "G'steaß", daß man glauben konnte, der Teufel wäre los. Dabei näherten sich schwere Schritte der Hüttenthüre, und die Sennen glaubten alle Augenblicke, es komme jemand zu ihnen herein. Als der Aufruhr immer größer wurde, verließen sie die Hütte, um nach dem Vieh zu sehen. Dieses lag aber ruhig im Gehege. Von nun an behauptete der Thierarzt gewiß, nie mehr, daß es keine Geister gebe.

Die Kematner Alm
Die Kematner Alm, im Hintergrund die Kalkschrofen, im Vordergrund Schweine beim Sonnenbad
© Berit Mrugalska, 6. Oktober 2004

Hirtenhaus
Die Hirten haben auf der Kematner Alm sogar ein eigenes Haus
© Berit Mrugalska, 6. Oktober 2004

Da so ziemlich auf jeder Alpe ein Putz haust, besonders wenn die Senner bereits abgefahren sind, ist es rathsam, falls man ungestört übernachten will, beim Betreten de Hütte zu sagen: "I wear woll di in Gotts Nommen ibernacht'n dearfn!" Dann kann einem selbst der bösartigste Putz nichts mehr anhaben, und man wird die ganze Nacht ruhig schlafen können.

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 21.