Die saligen Frauen und der wilde Mann
Unter den mythischen Wesen in der Sagenwelt Tirols
nehmen die saligen Frauen wohl die erste Stelle ein. Ihre Königin
war Hulda, die personificierte Wolke, die Segnerin der Fluren und des
Fleißes in Feld und Hütte. Sie spann mit ihrem lieblichen Gefolge
jene nie endenden Zwirnknäuel, mit denen die Saligen oft gottesfürchtige
Bäurinnen oder brave, fleißige Dirnen beschenkten. In die Häuser,
in welche sie einkehrten, brachten sie Wohlstand, Glück und Segen,
heilten hoffnungslose Kranke, und unterrichteten die Mädchen besonders
in der Flachswirtschaft.

Baumstumpf mit einem großen eingeschnittenen
Kreuz
Fundort Zell am Ziller
© Berit
Mrugalska, 5. September 2004
Allein in den düsteren Schluchten des Hochwalds hauste der wilde
Mann, ein gewaltiger Riese, welcher alle saligen Frauen mit tödlichem
Hasse verfolgte. Vor seinen Nachstellungen waren sie nur auf einem Flachsfelde,
bei einem Wegkreuze oder auf einem Baumstrunke, in welchen die Holzfäller
drei Kreuzchen eingehauen hatten, sicher.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer
Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von
Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr 1.