Die "Tanzb'sess'nen"
Im Zillerthale war es früher gebräuchlich, häufig im Freien zu tanzen. Nun nahte sich einmal einem solchen Tanzplatz ein Priester, der auf einem Versehgange begriffen war. Ein alter Mann, welcher unter den Zuschauern war, ermahnte die Tanzenden, ein wenig aufzuhören, bis der Geistlich vorbei wäre. Allein sie schenkten seinen Worten kein Gehör und tanzten und plattelten weiter. Da dieselben aber in solcher Weise ihrem Uebermuth die Zügel schießen ließen, bekam der Teufel Macht über sie, und jetzt mußten die Frevler immer zutanzen, bis sie ohnmächtig zu Boden fielen; mit einem Wort, sie wurden "tanzb'sess'n". So oft sie eine Musik hörten, fiengen sie unwillkürlich zu hüpfen und tanzen an und konnten nicht früher innehalten, als bis sie vor Erschöpfung umsanken. Endlich thaten sie das Gelübde, daß sie selbst, Kinder und Kindeskinder ini hrem Leben nie mehr tanzen wollten, wenn Gott diese harte Strafe ihnen erlassen möchte. Der Allgütige erhörte sie, und mit sehr wenigen Ausnahmen hielten sie auch getreulich ihr Gelöbnis. Wenn sich aber jemand dagegen versündigte, fiel er in den alten Zustand zurück.
Zillertaler Tracht, Tirol
© Künstlerin
Maria Rehm
© Viktoria Egg-Rehm, Anita
Mair-Rehm,
für SAGEN.at
freundlicherweise exklusiv zur Verfügung gestellt
Einst brachte man solche, es waren ein Mann und zwei Frauenspersonen
zum hochw. Herrn Curaten von Gschnitz, damit er den Teufel aus ihnen austreibe.
Er ließ dieselben andern Tags in der Frühe an das Speisgitter
knien, um dort die hl. Messe anzuhören. Während der Wandlung
aber wandten sie sich um, lachten und schnitten gräuliche Grimassen.
Nach dem Gottesdienst führte sie der Priester ins Presbyterium. Die
andern Anwesenden forderte er auf, falls sie furchtsam seien, lieber gleich
die Kirche zu verlassen. Nur wenige entfernten sich, sie meisten standen
vor Neugierde sogar auf die Kirchenstühle. Der Curat begann nun aus
einem Buche zu lesen. Plötzlich rauchte es über den beiden Weibern,
als ob eine Menge "Robb'n" (Raben) auffliegen würden. Beim
Manne aber that es einen "Roffler" und aus seinem Leibe kroch
eine ungeheure Schlange, die mit dem Kopfe nach allen Richtungen herumschlug
und sich bis zur Kirchenthüre hinunterwälzte, wo sie beim Weihwasserbecken
verschwand. Die drei Leute waren jetzt der Gewalt des Satans entrissen
und kehrten froh in ihr Zillerthal zurück.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer
Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von
Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 92.