Die verhexten Kühe
Auf dem Edenhof außerhalb Natters wurden plötzlich alle Kühe
krank, und man schickte schleunig nach dem nächsten Bergdoctor. Dieser
machte sich nach Betläuten auf den weg. Als er schon ein gutes Stück
weit gegangen war, begegneten ihm drei Weibspersonen mit weißen
Schürzen und weißen Kopftüchern, welch' letztere sie tief
ins Gesicht heruntergezogen hatten. Sie zischelten sehr lebhaft miteinander
und hielten dabei den Kopf gesenkt, daß er ihnen nicht ins Antlitz
sehen könne. Als sie an ihm vorbeikamen, verstand er nur die leise
gesprochenen Worte: "Der thuat ins nicht, der thuat ins nicht".
Der Quacksalber dachte sich: "Ah aso, sein de Leit um die Wege",
und beschleunigte seine Schritte, um schneller an Ort und Stelle zu sein.
Im Edenhof angelangt, erkundigte er sich sofort, wie es um das Vieh stehe
und erhielt zur Antwort: "Der gonze Stol ist kronk". Darauf
verfügte er sich mit den Bauersleuten in den Stall, sah jedoch, daß
nur eine Kuh wirklich krank war und gab ihr etwas ein. Den übrigen,
sagte er, könne er nicht helfen, man müsse den Stall aussegnen
lassen. Andern Tags kam auf die bitte des Bauern ein Kapuziner von Innsbruck
herauf. Derselbe erkannte sogleich, daß die "übeln Leute"
über das Vieh gekommen waren, benedictierte den Stall aus, und alles
Hexenwerk war "hin und oh".
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 105.