Von den Würmern im Lechthal [Lechtal]
In Krabach, einem sehr fruchtbaren und sonnigen Heumahd, waren so viele Würmer, dass es die Leute kaum aushielten und deshalb schimpften und fluchten. Nun kam ein Zauberer des Weges und hörte dies. Er fragte die Leute, was sie denn lieber hätten, Schatten oder Würmer. Die Bauern antworteten: "Lieber Schatten." Von dem Tage an kam keine Sonne mehr hin in die üppigen Bergwiesen; die Würmer verschwanden zwar, doch auch die Mähder giengen zugrunde, so dass man bis heute nicht mehr heuen konnte.
Andere sagen so: Die Leute giengen zu einem Capuciner [Kapuziner], damit
er sie von der Wurmplage erlöse. Der Capuciner fragte noch, ob wohl
etwa kein weißer darunter sei, und machte sich, als ihm dies verneint
wurde, da man nie einen solchen gesehen hatte, an die Arbeit und schürte
ein großes Feuer an. Jetzt kamen die Würmer und krochen ins
Feuer, zuletzt aber kam ein weißer, der schoss wie ein Pfeil dem
Priester in die Brust, der sofort starb.
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Näheren Aufschluss gibt die gleiche Sage, die sich in dem von der Wurmplage Wurmthal [Wurmtal] benannten Seitenthale [sic] des Kaiserthals [kaisertal] findet. Dort trägt der weiße Wurm eine goldene Krone und ist der Wurmkönig. Den sagenhaften Wurm findet man im Lechthale [sic] noch öfter.
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Bei Häselgehr haben die Leute früher oft eine Schlange mit
einem goldenen Schlüssel am Halse gesehen.
Quelle: Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf
Heyl, Brixen 1897,
Nr. 33, S. 29