Wie ein meineidiger Imster Metzger als feuriger Hund geistern mußte

In Imst war mit dem Hause eines Krämers namens Falkner das Haus eines Metzgers zusammengebaut. Zwischen den beiden Besitzern entspann sich einst ein recht böser Streit. Der Metzger-Hans, wie man den Metzger hieß, behauptete, das Durchgangsrecht durch das Haus des Krämers zu haben, was dieser aber bestritt. Es kam zu einem Prozeß, und da legte der Metzger einen falschen Eid ab. Die Krämersleute verloren und kamen in Schulden. Die Krämersfrau war darüber recht verbittert und sie prophezeite dem Metzger, daß er wegen seines Meineides noch einmal geisterweise werde herumgehen müssen.

Nicht lange nach diesem unseligen Prozeß starb der Metzger. Als einmal die Krämersleute in der Frühe in die Fünfuhrmesse gehen wollten und die Tür zum Hausdurchgang öffneten, wegen dem der Streit geführt worden war, stand in ihm ein gewaltiger schwarzer Hund. Er machte furchtbar wilde Augen und von den Haarbüscheln stoben Funken davon, daß es nur so glunasterte. "ö, du bisch es", sagte Frau Falkner, "han i dir it gsöt, daß du no als Hund umgeistere muaßt?" Der Krämer war über den Anblick des Hundes so erschrocken, daß er ins Zimmer zurückflüchtete. Die Frau aber ging mit dem Hund furchtlos der Haustür zu, um sie aufzusperren und ihn hinauszujagen. Das war jedoch gar nicht mehr notwendig, denn als sie zum Ende des Ganges kamen, trottete der Hund durch die verschlossene Tür hindurch und war verschwunden.

Dieses Erlebnis hat Frau Falkner meiner Mutter selber erzählt und ist für die Wahrheit immer eingestanden.

Erzähler: der Imster Mundartdichter Jakob Kopp
Erzählt: Sommer 1940

Quelle: Adalbert Koch, Ein Beitrag zur Oberinntaler Sagenkunde, in: Tiroler Heimatblätter, Heft 7 / 9, 1966, S. 94 - 97.