Der Innsbrucker "Freidenszug" [Friedenszug]

Der Innsbrucker "Freidenszug". Als im Jahre 1525 die Bauern das Stift Wilten belagerten, wurden sie von den Innsbrucker Bürgern vertrieben. Zum Andenken an diese Rettung des Stiftes wurde jährlich in der Faschingszeit von den Innsbruckern der sogenannte "Freidenszug" nach Wilten unternommen und das Kloster gestürmt.

An der Spitze marschierte Kriegsvolk, ihm folgten, hoch zu Roß und von Trabanten umgeben, der Stadtrichter, sodann der Bürgermeister und die Rathsherren sammt dem Stadtschreiber, hierauf die Schanzknechte mit ihren Hacken, die "Arkeleh" (Geschütz), begleitet von den Büchsenmeistern, sowie ihr Hauptmann nebst seinen Trabanten. Den Zug des Kriegsvolkes beschlossen der Feldwaibel, die zwei gemeinen Waibel, ein Führer, Hakenschützen, ein Fähnlein Knechte, je 5 Mann hoch in Reih' und glied, und zuletzt kam der Troß. Hernach folgten die Jungfrauen und Frauen, die beritten waren, hinter diesen die Rathsfrauen und geladenen Frauen in Kutschen. Hieran reihte sich die "Landschaft", an deren Spitze wieder ein Geschütz mit Kriegsgott zu erblicken war; den Schluß dieser Gruppe bildete "der karren mit den jungen Narren". Der Zug ordnete sich am linken Innufer, begab sich hierauf über die Innbrücke nach dem Stadtplatze, bog links in die Pfarrgasse ein und nahm seinen Weg über den Kirch- und Burghof, marschierte sodann durch die Hofgasse auf den Stadtplatz zurück, von hier aus durch die Vorstadt nach Wilten.

Genau in der umgekehrten Ordnung wurde der Rückweg eingeschlagen.

Sobald der Freudenzug beim Innsbrucker Thore angelangt war, begannen die Hakenschützen zu feuern; dasselbe geschah vor dem Hofthore (auf dem Pfarrfriedhofe), sodann auf dem Stadtplatze und zuletzt vor dem Kloster in Wilten.

Vor der Wiltener Pfarrkirche wird halt gemacht. Sodann müssen die Schanzknechte mit ihren Äxten voranziehen, ihnen folgen, aus der früheren Zugsordnung austretend, die Landschaft und die berittenen Herren vom Rath sammt Richter und Bürgermeister. Sobald das Signal dazu gegeben ist, machen die Schanzknechte, unterstützt durch das Kriegsvolk der Landschaft, ihren Scheinangriff auf das verrammelte Thor des Klosters, während die übrigen Bewaffneten, sowie die Frauen und Jungfrauen in Festordnung um das Kloster herumziehen. Nach erfolgter Erstürmung der Pforte wurden die Damen in das Kloster eingelassen, dort verhielten sie in der sogenannten Hofstube und im "Schusterstübl" eine Mahlzeit, bestehend aus Salat, Braten, Kuchen, Sulze, Wein und Brot. Nach aufgehobener Tafel wurde auf dem "Mueßhaus" 3 - 4 Stunden hindurch getanzt. Mittlerweile vertheilte das Kloster an die geschwornen Rottenmeister, deren jeglicher über neun Mann geordnet war, Brot und Wein für das Kriegsvolk. Als alles verzehrt war, bedankten sich etliche der Rathsherren beim Prälaten für die Bewirtung, und der "Freidenszug" bewegte sich wieder rückwärts und nach der Stadt zurück. (Nach dem Boten f. Tir. u. V., 1976, Nr. 20.)


Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897, Nr. 286 (Verschiedenes)