Ein Hirtenzweikampf
Das rohgemeißelte Steinkreuz auf dem Nattererboden, südlich von Innsbruck, zwischen dem ehemaligen Jesuitenhof und dem Tschurtschntalerhof, noch im Wald, aber hart am Wiesensaum sich erhebend, verdankt der Sage nach, sein Entstehen einem gar seltsamen Ereignis:
Kreuzstein bei Natters (Foto: L. Czelechowsky)
Hinweise zum heutigen Standort gesucht!
In urdenklichen Zeiten bestanden dort Hutweiden, wo heute Wiesen sind. Diese Weiden gingen allmählich in sogenannten Staudenwald über, in dem eine Ziegenherde nach leckeren Blättern suchte, während die Grashänge einer Rinderherde zur Atzung dienten. Kein Zaun trennte noch die Gebiete.
Da nun aber die Rinder zuweilen auf einen kleinen Grasplatz im Walde vordrangen, der noch heute besteht, und die Ziegen auch Gebüsche und allerlei Gewächs befrasen, so auf dem Gebiete des Rindes wuchs, fingen die Hirten miteinander zu wörteln an. Alsbald entstand daraus ein heftiger Streit. Weil sie mit Spießen zur Abhaltung der Bären und Wölfe bewaffnet waren, beschlossen sie einen Zweikampf mit diesen Waffen. Der eine setzte sich auf einen Stier, der andere auf einen Ziegenbock und so fuhren sie aufeinander los. Zweimal verfehlten beide ihr Ziel. Das drittemal aber stieß einer dem anderen zu völlig gleicher Zeit die Spitze seines Speeres durchs Herz. Sie waren auf der Stelle tot.
Zur Sühne dieses frevlen Spiels errichtete man damals das jetzt noch vorhandene kunstlose Kreuz aus Stein.
Quelle: Heinrich von Schullern, in Tiroler Heimatblätter, 4. Jahrgang, August 1926, S. 249 - 250.