DER KRIMPENBACHER ALMGEIST

In der Krimpenbacher Alm ging es früher nicht mit rechten Dingen zu. Einmal übernachtete ein Mann auf der Alm. Er legte sich abends über den Ofen und schlief bald ein, wie ein Mensch, der ein ruhiges Gewissen hat.

Um Mitternacht erwachte er über ein Rumoren und Poltern. Als er von seinem erhöhten Schlafplatz herabsah, beobachtete er einen Mann, der gerade dabei war, ein Feuer zu machen. Während er sich über den Fremdling noch wunderte, nahm dieser eine Pfanne, tat Wasser hinein und rührte Herdasche ein, wie man sonst zu tun pflegt, wenn man Mus kocht.

Nun wurde ihm freilich unheimlich zumute und er erinnerte sich an allerhand Geistergeschichten, die er schon über die Alm gehört hatte. Da ihm aber der sonderbare Geselle keine Beachtung schenkte, beruhigte er sich wieder und beobachtete weiter sein Tun.

Da rief ihm auf einmal der Geist zu: "Ocha, ess'n giahn!"Der Mann erschrak, verhielt sich aber ruhig. Aber schon wieder rief der Geist: "Ocha, ess'n giahn!" Nun hoffte der Mann, daß der Geist seine Einladung nicht wiederholen werde, denn ihm war bekannt, daß man einer dreimaligen Aufforderung eines Geistes folgen müsse, sonst widerfahre einem etwas Übles. Doch schon nach kurzer Zeit befahl ihm abermals der Geist mit Unmut in der Stimme herunter zu kommen. Zitternd vor Angst stieg er herab und setzte sich zaghaft dem Unheimlichen gegenüber. Still löffelten beide ihr Mus. Verstohlen betrachtete der Mann das Gesicht des Geistes, konnte es aber nicht erkennen; es schien ihm, als ob ihm nur eine schattenhafte Gestalt gegenüber saß. Als sie fertig gegessen hatten, verschwand der Geist. Der Mann versicherte, in seinem ganzen Leben nie ein besseres Mus gegessen zu haben.

Mitgeteilt von Frau Katharina Schatz

Quelle: Dorfbuch Inzing, Franz Pisch.

© Ernst Pisch.
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