Der Trinser Geigenstein

Dieser sagenhafte Stein befindet sich etwa eine halbe Stunde innerhalb des Dorfes Trins, im sogenannten Galtschein, knapp unterhalb der Straße. Es ist ein großer Granitblock, wohl von den Eiszeitgletschern hergeschoben und abgelagert. An seiner Steilseite zeigt er Spalten und Rillen in Form einer Geige, von welcher geigenartigen Zeichnung der Stein seinen Namen hat. Alte Leute behaupten, dass hier vom Schlosse Schneeberg ein unterirdischer Gang ausmündete. In der Tat ist eine Art Vertiefung vorhanden, die anscheinend mit Schutt ausgefüllt wurde. Es kann ja sein, dass der Stein eine geschichtliche Vergangenheit hat, jedenfalls hat er viel Merkwürdiges an sich und bot so Anlass zur Sagenbildung. In Trins wird vom Geigenstein folgende Sage erzählt:

Unter diesem Stein ist einmal eine Schenke gestanden. Da sind an Sonntagen die Burschen und Mädchen von Trins immer hineingegangen, um zu tanzen. Dabei ging es immer recht ausgelassen und sündhaft her. Es war ein recht wüstes Treiben. Die Mädchen lachten zu den schamlosen Possen der Burschen. Das gefiel dem Teufel.

Als an einem Sonntagnachmittage Burschen und Mädchen wieder hier beisammen waren und es wieder recht wüst trieben, erschien unter ihnen ein flotter Bursche, der allen fremd war. Er trug ein rotes Wams und einen Gupfhut mit einer roten Hahnenfeder. Es war ein fahrender Musikant mit einer Geige. Der flotte Spielmann spielte mit der Geige zum Tanze auf. Im tollen Wirbel wurde getanzt. Die Röcke der Mädchen flogen hochauf. Die Tanzenden ermüdeten, doch der Spielmann spielte weiter auf und die Paare mussten tanzen. Es kam zum Streit mit dem Spielmann. Dieser sagte: „Ich will nicht lange streiten - in einer halben Stunde gehört ihr doch alle mir!" Er ging sodann aus der Schenke hinaus und schlug die Geige an den Stein, dass der Abdruck davon an dem Stein haften blieb. Es kam Rauch und Feuer hervor, die Schenke fiel zusammen, die Leute gingen zugrunde. Der Boden öffnete sich und Tänzer und Tänzerinnen versanken in den Abgrund. Nun ging für sie ein anderer Tanz los, der Höllentanz, denn der Spielmann war niemand anderer als der Teufel, dem die Leute wegen ihres gotteslästerlichen Treibens verfallen waren.

Mitgeteilt von Oberlehrer J. Meßner, Trins.

Quelle: Tiroler Heimatblätter, 13. Jahrgang, Heft 3 / 4, März/April 1935, Seite. 121.