Die Mordhütte Version II.
Da, wo gegenwärtig die Kaserne beim Nauderer Sperrfort steht, stand vor ungefähr 300 Jahren ein Wirtshaus. Der viele Schnee im Winter und die großen Gefahren bewogen den Wirt, seine Kinder für diese Zeit zu seinem Vetter nach Nauders zu geben, damit sie von dort aus die Schule besuchen und keinen Gefahren ausgesetzt sind. Als die Kinder bei ihrem Vetter, der ein Metzger war, sahen, wie er ein Kalb schlachtete, sagte der kleine Knabe lachend: So machts mein Vater mit den Leuten, die bei uns übernachten.
Der Vetter hielt es für seine Pflicht, sofort beim Gericht die Anzeige zu erstatten, und das Gericht, in Kenntnis, daß aus der Umgebung viele Leute rätselhaft verschwunden sind, untersuchte das Wirtshaus und fand viele Ermordete in den unterirdischen Gewölben. Wirt und Dienstboten sowie alle Mithelfer wurden hingerichtet. Das Haus wurde dem Erdboden gleichgemacht und die Güter zur Gründung eines Spitalfonds in Nauders verwendet. Als später wieder ein Wohnhaus an dieser Stelle gebaut wurde, fand man viele Menschengerippe. Lange Zeit wurde der Ort gemieden, weil mancher Geistergestalten und Lichtlein gesehen haben will.
Seitdem aber die Kaserne dort steht, scheinen die Geistergestalten ausgewandert
zu sein, und man hat sie nicht mehr gesehen.
Quelle: Dr. Hermann v. Tschiggfrey, Nauders am Reschen-Scheideck, Tirol, Innsbruck 1932, S. 49.