Das Valdigestei-Mannl
Die Valdigesteischlucht beginnt bei der Labaunalm und zieht sich hinunter bis zum Sperrfort. Durch sie rinnt der Valdigesteibach.
In dieser Felsenschlucht hauste vor Zeiten ein Nörgl, allgemein Valdigestei-Mannl genannt, es war ein neckisches Männlein und schlug, wenn Leute vorbeigingen, ein gellendes Gelächter auf, so daß die Felswände es zehnfach nachhallten und der Lärm kein Ende nehmen wollte. Am öftesten erschien es am nahegelegenen Partitschhofe, wo es ganz heimisch gewesen sein soll.
Es war alt, grau und klein, hatte aber hochgespaltene Füße. Sein Kleid war Bergmoos. Auf Partitsch trieb es vielfältig seine Neckereien. Es schichtete das Milchgeschirr übereinander, wärmte den Ofen glühend heiß, ließ im Stalle alles Vieh von der Kette los oder hängte drei oder vier Stück an eine Kette :ad erhob seitwärts in einem Winkel, wenn Leute kamen, ein schallendes Gelächter. Unglück jedoch entstand nie und Schaden fügte das Männlein sich keinen zu.
Einmal fiel sich im Valdigestei ein Schäferknabe zu tot. Die ganze Gemeinde ward aufgeboten und ging suchen, fand aber nur mehr den Schädel. Dabei lachte das Männlein immer hell auf. Ein anderes Mal soll das Männlein ein Kind von Partitsch mitgenommen haben. Man suchte es und da soll man gesehen haben, wie das Männlein das Kind über einen Felsen hinabgeworfen habe. Aber im Hui stand das Männlein unten am Felsen, hob das Kind mit seinen Armen auf und trug es gesund heim. Auch den Ruf habe das Männlein öfter hören lassen:
Bin so grau, bin so alt,
Denk dreimal jung den Piller Wald.
Heute erzählt man nur mehr von diesem Männlein, es ist verschwunden.
Quelle: Dr. Hermann v. Tschiggfrey, Nauders am Reschen-Scheideck, Tirol, Innsbruck 1932, S. 47.