"FRIEDL MIT DER LEEREN TASCHE" IN ROFEN
Anfangs des 15. Jahrhunderts stand in Rofen nur ein Hof, während heute zwei Häuser zu sehen sind. Der Besitzer hieß damals Ruzo. Im Jahre 1415 kam der in Bann und Reichsacht verfallene Herzog Friedrich, genannt Friedl mit der leeren Tasche, auf seiner Flucht von Flaurling her, wo er einige Zeit im Widum versteckt gewesen sein soll, nach Rofen und suchte dort Schutz und Unterkunft. Wie die Alten erzählten, kam er gerade, als sie beim Dreschen waren. Herzog Friedrich wollte nicht erkannt werden und ließ sich als Knecht anstellen. Er half einen Winter lang fleißig jede Bauernarbeit tun. Von Rofen floh er über die Ferner nach Schnals. Von Südtirol aus festigte er sich dann wieder die Macht in seinem Lande. Herzog Friedrich vergaß dem Rofner seine Treue nicht. Er verlieh ihm und seinen Nachkommen wichtige Vorrechte, nämlich: eigenen Burgfrieden mit der unmittelbaren Unterordnung unter den Landeshauptmann an der Etsch, das Recht des Asyls und vollständige Steuerfreiheit. Einige dieser Vorrechte sollen allerdings schon um 1350 bestanden haben. Als Kaiser Josef II. die Gerichtspflege neu regelte, hörten die meisten dieser Vorrechte auf. Doch die Steuerfreiheit blieb noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten.
Falkner, Christian, Sagen aus dem Ötztal, in: Ötztaler Buch (= Schlern-Schriften 229), Innsbruck 1963, S. 126
aus: Sagen und Geschichten aus den Ötztaler Alpen, Ötztal-Archiv, Innsbruck 1997