DIE FUNDUSALPE
Daß unsere Altvorderen der rauhen Bergnatur das Letzte abzutrotzen wußten und Bauernhöfe in Höhen sich bauten, wo heute nur mehr Almwirtschaft ist, beweist manche Sage. So soll im vorderen Fundustale bei Umhausen einst ein schöner Bauernhof gestanden haben. Der letzte dort hausende Bauer hatte drei Söhne. Da ihm die Mure in seinen Feldern großen Schaden tat, sahen sich seine Erben zum Auswandern gezwungen. Einer von ihnen ließ sich in Umhausen nieder, der zweite in Osten, der dritte endlich in Kofels, das dieser dadurch erst begründete. Daher stammen die merkwürdigen Alprechte; der auf Kofels darf mit vier Kalbinnen in die Fundusalpe fahren, der in Östen mit acht und jener, der sich in Umhausen niedergelassen hat, mit so vielen, als er überwintern kann.
Dunkle Spuren lassen eine alte Hofsiedlung sogar im Hintergrunde des Fundustales vermuten. Die Sage weiß nämlich über den dort liegenden Fundussee zu erzählen, daß an Stelle des Sees einst ein Bauernhof war. Der Besitzer aber habe es mit der Sonntagsheiligung noch ganz heidnisch gehalten. Zur Strafe dafür sei, als er an einem Sonntag Heu einführte, der ganze Hof mit Mann und Maus plötzlich versunken und der heutige See entstanden.
Wie das Kirchenarchiv von Umhausen erzählt, ist es in der hinteren Fundustaie nicht recht geheuer. Öfters im Jahre kommt dort ein geheimnisvoller Mann in Knospen (Holzschuhen) daher, macht die Tür auf und zu, ohne ein Wort zu reden und geht wieder.
Falkner, Christian, Sagen aus dem Ötztal, in: Ötztaler Buch (= Schlern-Schriften 229), Innsbruck 1963, S. 160
aus: Sagen und Geschichten aus den Ötztaler Alpen, Ötztal-Archiv, Innsbruck 1997