DER TEUFELSSPIELER

Vor 200 Jahren hat man auch im Ötztale geistliche Spiele aufgeführt. In Umhausen, oberhalb Roßlach, wo heute noch der Spielrain" den Namen davon trägt, wurde öfters Das Jüngste Gericht" aufgeführt. Wie die Alten zu erzählen wußten, hat sich bei einem solche Spiele einmal etwas ganz Grausiges zugetragen. Ein Bursche, der die Rolle des Teufels übernommen hatte, spielte diese so meisterhaft, daß manche Leute meinten, er wäre wirklich der Leibhaftige selbst. Der Spieler wußte das und war nicht wenig stolz auf seine Kunst. Als er wieder einmal seine Rolle so vortrefflich zum Besten gab, wurde er in einen wirklichen Teufel verwandelt. Der Höllische fuhr dann plötzlich mit seinem neuen Genossen fort über die Löde" hinaus gegen die Engelswand, um damit durch die dortige Höllentür in die Teufelsheimat zu verschwinden. Die Leute jammerten, von Entsetzen ergriffen, und wußten sich nicht zu helfen. Doch der Kurat von Umhausen ging in die Kirche, nahm das Allerheiligste und zog, von einer großen Volksmenge begleitet, hinaus gegen das Höllentor" unter die Engelswand. Da mußte der Teufel seine Krallen auftun, das Opfer herausgeben und allein zur Hölle fahren.

Pfarrkiche von Umhausen, Innenansicht © Berit Mrugalska
Chor mit Hochaltar der Pfarrkiche von Umhausen, Ötztal
© Berit Mrugalska, 8. Mai 2005

Falkner, Christian, Sagen aus dem Ötztal, in: Ötztaler Buch (= Schlern-Schriften 229), Innsbruck 1963, S. 162 f.
aus: Sagen und Geschichten aus den Ötztaler Alpen, Ötztal-Archiv, Innsbruck 1997