"Ein Gebirgsidyll" - "An Alpine Idyll" (Geschichten über eine alte Geschichte)
Hemingways Novelle hat folgenden historischen Hintergrund:

Galtür, von Ardez im Engadin aus besiedelt, hatte anfangs keine Kirche, sodass die Toten in einem achtstündigen Weg über den "Futschölpass" auf den dortigen Friedhof gebracht werden mussten. War dies im Sommer schon eine Schinderei, versperrten im Winter meterhoher Schnee, Eis und Lawinen den Weg, sodass die Toten angeblich auf den Dachboden gelegt und eingefroren wurden.

Sobald im Frühjahr die Schneedecke für einen Transport geeignet war, hat man die Toten unter kaum vorstellbaren Schwierigkeiten über das Joch und von dort ins Tal gebracht.

So weit die langgehegte und durch Jahrhunderte weitererzählte Volksmeinung. Natürlich hat sich dieses etwas skurrilen Bestattungsbrauches der Humor angenommen, der ja immer dort am meisten zu Hause ist, wo es "gruselig" zugeht.

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Wie sie Hemingway erfahren hat. Der Bauer hat seine Frau am Dachboden, ihr Leichnam wartet gefroren auf den Transport ins Engadin. Immer, wenn er auf den dunklen Überboden kommt und länger zu tun hat, hängt er seine "Luzerna", ein mit einem Haken versehenes Talglicht, in den Mund der armen Toten, der jedes Mal noch ärger verzerrt wird.

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Diesmal die Leiche des Mannes, wie vorher gefroren am Dachboden im alten Galtürer Bauernhaus. Die Bäuerin, keine Freundin von langer Traurigkeit, hat schon einen neuen Liebhaber, der gerade bei ihr im "Hangart" (= "Heimgarten") ist. Wie es in den Holzhäusern halt so ist, in der Wärme beginnt das alte Gebälk zu knarren und zu krachen, und heute ist es besonders schlimm und laut. Da ruft sie zur Decke hinauf: "Du brauchst di numma i mahra, i hon scho an andara!" (= ,"DU brauchst dich nicht mehr zu melden, ich habe schon einen anderen!")

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Es ist Frühling geworden, eine Gruppe von jungen Burschen kämpft sich mit einem Sarg über den "Futschölpass", drinnen liegt die Leiche einer Galtürer Bäuerin. Wie es halt so gehen kann, über dem Joch, als sie die Truhe über ein steiles Schneefeld hinunterlassen wollen, entgleitet sie ihnen, saust auf ein Geröllfeld zu, wo sie zerschellt. Der Aufprall und der zerbrechende Sarg, der Krach und das Gepolter, was es war, weiß niemand, jedenfalls die Tote wacht auf und steht vor den kreidebleichen Trägern.

Sie soll noch etliche Jahre gelebt haben, bis ihr Tod wiederum bestätigt wurde, und weil sie sich diesmal wieder einen Wintermonat zum Sterben ausgesucht hat, wiederum der gleiche Zug über das Joch, wie vor ihrer "Auferstehung", nur diesmal begleitet ihr Mann die kleine Gruppe: "Dösmal geah' i salt mit, sis kinnt sie noch amal!" (= "Diesmal gehe ich selbst mit, sonst kommt sie noch einmal!") ¦

Quelle: 80 Jahre im Paznaun, Dr. Walter Köck, Landeck 2003, S. 116f.