DER ZITHERSPIELER
Stellt man sich zur Zeit des "Schreckläutens" (in der hl. Nacht zwischen 11 und 12 Uhr) an einem Kreuzwege auf und spielt seine Zither, so kann man unter der Bedingung ein ausgezeichneter Spieler werden, daß man sich gar nicht muckst, mögen auch wie immer beschaffene Gestalten nahen und einen anreden. So postierte sich jemand einstens während dieses Läutens an dem Kreuzwege unter dem Kirchplatze von Langesthei und fieng zum Zeitvertreib an, seine Zither zu spielen. Alsbald kamen mancherlei dunklöe Gestalten auf ihn zu, sprachen ihn an und giengen wieder ihres Weges weiter. Er glaubte unter diesen auch seine verstorbenen Eltern, welche ihn ebenfalls anredeteten, zu erkennen. Zuletzt trat noch aus dem schwarzen Zuge der Teufel zu ihm, und wie unser Zitherspieler auch gegen diesen sich wie eine laut- und sprachlose Bildsäule verhielt, so drückte derselbe ihm die Finger so heftig in die Saiten hinein, daß das Blut unter den Nägeln hervorspritzte. Von derselben Stunde an aber konnte der Mann mit größter Meisterschaft sein Instrument spielen.
Quelle: Sagen aus dem Paznaun und dessen Nachbarschaft,
Gesammelt und herausgegeben von Christian Hauser, Innsbruck 1894, Nr.
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