Der Gschnalsjuchzer


Zwischen Fulpmes und Mieders liegt ein Wald, Gschnals genannt. Dort sieht man noch heutzutage nachts ein Lichtlein. Selbiges hüpft herum und beginnt schließlich zu "juchzen"; es ist der Gschnalsjuchzer. Wagt es irgendein kecker Bursche, nachzujuchzen - hui - dann ist das Licht bei ihm und wäre er eine Stunde davon entfernt gewesen.

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Als anno 1809 die Bayern zu Telfes ihr Quartier aufgeschlagen hatten, wohnte dort selbst auch ein Major. Er wagte es, trotz Warnung der Leute, das Licht zu verhöhnen. Da kam er schön an. Ihm und seinen Soldaten wurden die Gesichter gar arg zerkratzt und er mußte endlich fliehen. Nicht besser ging es einem Schmied zu Fulpmes, der sich unterfangen hatte zu spotten.

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Hie und da sieht man den Gschnalsjuchzer zu Telfes am letzten Hause als "Loter" ohne Kopf nächtlicherweile auf der Bank sitzen.

Ich selbst sah im Jahre 1880, am 7. Dezember, sechs Uhr abends, ein schneeweißes Licht zu Gschnals. Es glich einer Kugel, war erst klein, wuchs zur Größe einer gewöhnlichen Kegelkugel an und verschwand wieder. Trotz herrschenden Südwindes konnte man nicht die mindeste Bewegung der Flamme entdecken.

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Der Gschnalsjuchzer begegnete auch einst einem Geistlichen als Mann ohne Kopf. Er hielt dem Erschrockenen ein Kind vor. Die Leute glaubten, der Hochwürdige hätte das Kind taufen sollen, dann wäre der Gschnalsjuchzer erlöst worden.

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Vor etwa fünfzig Jahren hütete am Schönberg ein Knabe Ziegen. Auf einmal kam ein Hund des Weges daher, der hatte statt des Kopfes einen Ganskragen auf. Wahrscheinlich war es auch der Gschnalsjuchzer.

Quelle: Der Gschnalsjuchzer, Greußing, ZfVk. 3, 1893, 174 zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 259, S. 141f