Der blühende Kirschenast
Ein Bauernbursche gewahrte einmal mitten im Winter einen in schönster
Blüte stehenden Kirschbaum auf dem Gipfel des Berges. Staunend, daß
zu dieser Jahreszeit und in solcher Höhe ein Kirschbaum blühe,
brach er ein Zweiglein ab und steckte es auf den Hut. Als er aber in das
Dorf Thaur hinunterkam, lachten ihn die Leute aus und meinten, ob er denn
verrückt geworden sie, daß er sich das Geld auf den Hut stecke.
Er nahm denselben ab und richtig, da waren lauter nagelneue Zwanziger
oben. Natürlich eilte er schleunig auf den Berg zurück; es war
jedoch vergeblich, denn er fand den Kirschbaum nicht wieder.
Quelle: Der blühende Kirschenast, F. Dörler, Schätze und Schatzhüter in Tirol: ZfVk. 4, 1898, 227 zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 339, S. 179