Der Teufel als schwarzer Bock
Schlimm ist eine etwas leichtfertige Zillertaler Dirn weggekommen, die
bei einem Bauern am Stummerberg im Dienste stand. Eines Abends war sie
wieder einmal in Stumm unten bei einer Hochzeit, wo's recht lustig und
kreuzfidel zuging und die Geigen und Klankanetten [Klarinetten] das junge
Volk gar nicht zur Ruhe kommen ließen. Mit schwerem Herzen mußte
die Dirn aber bald ans Heimgehen denken, da das Anwesen ihres Dienstgebers
hoch am Berg oben lag. Ihr Geliebter wollte jedoch noch bleiben und dachte
sich, sie werde wohl Begleiter genug bekommen, weil er wohl nicht ihr
einziger Schatz sei. Von ihren anderen "Buebn" wollte jedoch
auch keiner schon jetzt den Tanzboden verlassen und so trat die Dirn allein
den Heimweg an. Sie war noch nicht lang durch den Wald bergauf gegangen,
als sie plötzlich auf dem schmalen Steige einen kohlschwarzen Geißbock
neben sich sah, der sie beständig gegen den Abhang zu drängen
versuchte. Durch Tritte und Stöße ließ sich das Vieh
nicht einschüchtern und wich auch der Dirn nicht von der Seite, als
sie ihm durch schnelles Laufen zu entkommen suchte. Es war ihr längst
der Verdacht aufgestiegen, daß der unheimliche Bock der "Untere"
selber sein könnte. In namenloser Angst eilte sie bergan und erreichte
endlich ein Wegkreuz, das sie mit beiden Händen erfaßte. Der
Höllenbock hielt es natürlich in der Nähe des Kreuzes nicht
aus und umkreiste dasselbe in weitem Bogen. Zum Glück kam bald ein
nächtlicher Wanderer des Weges, der die sterbensmatte Dirn zum Ärger
des Teufels zum nächsten Bauernhof, genannt, "beim grünen
Baum", führte, wo sie aber mit schrecklich zerkratztem Gesicht
anlangte und drei Tage krank darniederlag. Das hat ihr der Teufel also
doch noch antun können. Von Stund an hat sich die Dirn gebessert
und führte nun einen makellosen Lebenswandel.
Quelle: Der Teufel als schwarzer Bock, Dörler, Tiroler Teufelsglaube, ZfVk. 9, 1899, 265 zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 175, S. 97f