Von der großen Weltschlacht
Auf der Langwiese sollen nach der alten Volkssage drei große Schlachten
gekämpft werden: eine für die Religion, eine für den Kaiser
und eine für die Freiheit. Zwei derselben sind schon geschlagen:
die erste, als die Engadiner die Tiroler zwingen wollten, kalvinisch zu
werden; die zweite, als die Franzosen und die Bayern einfielen; die dritte
steht noch bevor. Wenn die Äpfel- und Kirschbäume so dick geworden,
daß man ein Pferd anbinden kann, und wenn die Eichen an der Kapelle
bei Kranewitten mit den Gipfeln über das Dach schauen, dann wird
eine Zeit kommen, in der Gesetz und Religion nichts mehr gelten, und Krieg,
Teuerung und Pest den Weltteil heimsuchen werden. Unzählige fremde
Reiter werden nach Tirol kommen und ärger hausen als die Heiden.
Die Tiroler werden aber endlich gegen sie heranstürmen und nach einer
drei Tage und drei Nächte dauernden großen Schlacht wird nicht
einer der Reiter mehr entrinnen. Dann aber wird Eintracht, Glück
und Segen auf immer zurückkehren und ein Bruderband die befreiten
Völker umschlingen.
Quelle: Von der großen Weltschlacht, 1855/56, Ille, Büschelzuig aus Tirol, ZfVk. 8, 1898, 324f zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 431, S. 226