Der Teufel und die Näherin
An der Salzburger Grenze lebte einst in einem der einsamen Bauernhöfe bei Strub eine Näherin. Vielleicht weil sie ihr Handwert so gut verstand, war sie überaus eitel. Kein Kleid war ihr gut und prachtvoll genug. Ja, am liebsten hätte sie sich mit lauter Gold und Silber geschmückt. Sie war aber auch schön wie eine Blume und viele Burschen bewarben sich um sie. Keiner aber gefiel ihr und war ihr vornehm genug gekleidet. Da kam von fern her ein fremder Knecht zu einem Bauern in der Nachbarschaft. Der hatte eine Jacke von feinstem Tuch mit großen Silberknöpfen und um seinen Hut trug er eine goldene Schnur. Das gefiel der kleinen Näherin sehr und das Gewand schien ihr verschwenderisch genug. So waren ihre Gedanken von morgens bis abends bei dem schmucken Burschen und bald kamen sie überein in die weite Welt zu wandern und ein schönes, freies Leben in Saus und Braus zu führen. Die Nacht wurde bestimmt in der der Knecht das schöne Mädchen abholen wollte. Das Mädchen hatte aber eine Mutter, die den fremden Mann mit seinen unheimlichen, schwarzen Augen durchaus nicht leiden mochte und ihm auch nicht traute. Alle Bedenken wurden vom Töchterlein abgeweht. Die besorgte Mutter aber wusste sich zu helfen. Sie holte frisches KUNDELKRAUT und WIDRITAT (Thymus serpyllum) und befestige beide Kräuter vor dem Fenster ihrer Wohnung. „Nützt’s nicht, so schadet es auch nicht“, dachte sie dabei.
Die Nacht welche zur heimlichen Flucht bestimmt war, kam heran. Doch als der Knecht nahte um seine kleine Näherin zu holen, bleib er wie gebannt schon in einiger Entfernung stehen, sah die Kräuter und schrie in erboster Wut:
„Kundelkraut und Widritåt, håbn mi um Nadrin bråcht!“
Und damit fuhr er flammend durch die Luft davon.
Seit dem werden in jedem Haus, wo junge Mädchen sind, diese Kräuter aufbewahrt, um sie vor dem Teufel zu schützen.
Quelle: Die Sammlung der Waidringer Sagen wurde im August 2007 von Herrn Viktor Olivier und dem Tourismusverband PillerseeTal zur Verfügung gestellt.