Der verschwundene See
Vor vielen, vielen Jahrhunderten war im Strubtal ein wunderschöner Bergsee mit glasklarem Wasser und Kristallforellen. Ringsherum gab es Wälder mit sämtlichen Tieren die man sich vorstellen kann. Die Leute von Strub lebten im Überfluss von der Fischerei und der Jägerei. Es führte außerdem noch ein Saumweg vorbei. Die Säumer mussten alle mit der Fähre übersetzen um weiterziehen zu können. Das kostete natürlich einen Taler. Mit der Zeit wurden die Leute, weil es ihnen ja so gut ging, habgierig und überheblich. Sie feierten große Feste am See und verspotteten die ärmeren Menschen, denen es nicht so gut ging. Eines Tages gab es wieder ein großes Fest und es gab Essen und zu trinken im Überfluss. Während sie so feierten, kam ein müder, alter Wanderer des Weges. Er war in dünne, schlechte Kleidung gehüllt und hinkte mit dem rechten Fuß. Als er dieses Festmahl sah, humpelte er zu den Leuten und bat um etwas zu essen. Die Leute in ihrem Hochmut lachten ihn aus und brüllten: „Verschwinde du alter Krüppel, sonst jagen wir dich in den See rein damit du ersäufst!“ Der Alte versuchte es noch einmal und bettelte. Ach bitte gebt mir nur die Reste eures Essens ,dann habe ich schon genug. Sie aber gaben im nichts und meinten: „Lieber soll es verschimmeln bevor wir dir was geben und nun verschwinde!“ Der müde Wanderer drehte sich ab und humpelte weiter ,wobei er in seinen Bart hineinmurmelte: „Das werdet ihr noch bereuen ihr hochmütigen Leute!“ Denn der unscheinbare Mann war der Abgesandte des jüngsten Gerichts, der sich zum müden Wanderer verkleidet hatte. Und als er an das Ende des Sees kam, hob er seinen Wanderstab und schlug ihn auf den Boden. Er sprach dabei: „Erde öffne dich!“ Es tat sich eine Schlucht auf und der ganze See lief aus. Als die Menschen am nächsten Morgen aufwachten, trauten sie ihren Augen nicht, denn es war kein See mehr vorhanden. So waren auch sie wieder zu armen Leuten geworden, denn bekanntlich lohnt sich Hochmut nicht.
Quelle: Die Sammlung der Waidringer Sagen wurde im August 2007 von Herrn Viktor Olivier und dem Tourismusverband PillerseeTal zur Verfügung gestellt.