Die "wilden Freil" vom Kaisergebirge
In alter Zeit lebten auf dem Kaisergebirge viele wilde "Freil". Sie waren den Menschen freundlich gesinnt und halfen jedem, der für sie Arbeit hatte. Lohn verlangten sie keinen. Jeder, bei dem sie arbeiteten, gab ihnen für ihre Arbeit Lebensmittel.
Es lebte auch ein Jäger, und dieser war der Todfeind der wilden "Freil". Teuflisch hätte es ihn gefreut, wenn es ihm einmal gelungen wäre, ein solches Geschöpf niederknallen zu können. Mochte er noch so viele Jahre durch die Wälder streifen, nie sah er ein "Frei!".
Eines Tages verstieg er sich. Für etliche Tage hatte er Nahrung bei sich, aber auf eine Rettung war nicht zu hoffen. Als die Nahrung ausging, wollte er sich erschießen; doch die Büchse fiel ihm aus den Händen und polterte über den Felsen hinab.
In der Nacht sah er dann, wie viele wilde "Freil" ober ihm vorbeigingen.
"Helft mir! Helft mir!" rief er.
Die wilden "Freil" hörten seinen Ruf und befreiten ihn.
Seither machte er sich niemals mehr Gedanken, wie er ein "Freil"
erschießen könnte.
Quelle: Anton Schipflinger in: Tiroler Grenzbote, 1941,
Nr. 16, Die Heimat-Glocke (Beilage zum Tiroler Grenzboten und zum Tiroler
Volksblatt) Blatt 1, S. 6.
aus: Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner
näheren Umgebung, gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger
Volksliteraten Anton Schipflinger, zusammengestellt von Franz Traxler,
Innsbruck 1995 (Schlern-Schriften Band 299).