HEXENGESCHICHTEN
Unter dem Brüggele, das in der Moritzenstraße über die Ritsche führt, waren immer Hexen versteckt. Wer vor 12 Uhr nachts über die Brücke ging, kam noch ungeschoren davon, spätere Heimgeher jedoch hatten viel unter den Verfolgungen der Hexen zu leiden und kamen vor 4 Uhr früh nicht mehr heim. Die Hexen führten die Nachtwandler bis zum Hahnenschrei auf schrecklichen Irrwegen herum, stellten ihnen das Bein, dass sie stürzten und Arm und Bein brachen, blendeten ihre Augen bis zum Morgengrauen, führten sie durch Bäche und Brunnen, bis sie vollständig durchnäßt waren oder peitschten sie mit ihren Besen, dass ihnen das Blut in Bächen herunterrann. Diese Verfolgten bekamen meist auch einen Kopf, so groß wie ein Starschaff 48.
Eine alte Hexe tat den Leuten von Telfs nichts anderes als nur Böses.
Auf die Felder streute sie Unkraut und Ungeziefer, vom Türken zwickte
sie die 'Federn' ab, in den Kartoffeläckern ließ sie von ihren
Hexenziegen die Blüten und Blätter abfressen, die Kamine verstopfte
sie, indem sie darauf saß, was in der Küche fürchterlichen
Rauch verursachte. Melkkühe traktierte sie, bis sie blutige Milch
gaben. Wenn einer Holz spaltete, warf sie ihm die Holzscheite so ans Knie,
dass er krumm wurde und vieles, vieles andere. "Endlich", sagten
die Leute, "ist sie beim Krepieren!" Niemand wollte sie pflegen,
und so hatte sie doppelt zu leiden. In ihrer letzten Stunde schrie sie:
"Wenn i amol stirb, muaß ebbas Schrecklichs g'scheh'n!"
Da brachen in allen Ecken der Stube und des Hauses lange Flammen hervor
und ergriffen das Holzgebälk des Hauses, das mitsamt der Hexe verbrannte.
Der Lucknseppl war einmal spät vom Hoangart heimgegangen. Als er
aber den ersten Hahnenschrei hörte, lag er nicht in seinem Bett,
sondern in der Bachrunst 49 beim unteren Birkenberg. "Hättest
du nur das Skapulier50 nicht an, dann hätt' ich dir's schon anders
gemacht", hörte er noch vom Wald.
Der Lumapeter ging auch einmal spät vom Hoangart heim. Er war, wie
sein Name schon sagt, in der Luma zu Hause. Beim Böckntäus hätte
er über die Brücke gehen sollen, konnte sie aber nicht finden.
Eine Straßenbeleuchtung gab's ja noch nicht. Immer wieder kam er
in die Bachrunst, bis er schließlich nicht mehr herausfand. Er watete
dieselbe entlang, hoffend, doch irgendwo einen Ausstieg zu finden, doch
je weiter er sich vorwärts bewegte, umso tiefer versanken seine Füße
in Sand und Lehm. Endlich musste er ruhig stehen bleiben, um nicht im
Schlamm unterzugehen. Kaum war der erste Hahnenschrei erklungen, wurde
er von den Hexen erlöst. Er stand beim Santl in der Griesgasse mitten
in einem umgeworfenen Heustangger.
Einem Bäuerlein in Telfs war die Kuh erkrankt. Da in der Umgebung
kein Tierarzt war, musste er den Bader51 von Inzing holen. Als das Männlein
durch Oberhofen eilte, hockten auf einer Mauer zwei alte Weiber. Es waren
dies zwei wirkliche Hexen, von denen ihm eine zurief: "Hans, wenn
du auch noch so lauf'süt, du dertusüt es doch nit." Er
kannte die Weiber nicht, hörte nur ihr spöttisches Lachen und
seine Füße wurden schwer wie Blei. Hans lief aber dennoch nach
Inzing. Als er endlich mit dem Bader in seinen Stall kam, war die Kuh
schon tot.
Wenn«s in der St. Peter- und Paulskirche wetterläutet, so poltern
die Wetterhexen auf dem Kirchengewölbe der St. Georgenkirche derart,
dass jeder Mensch gern auf und davon läuft.
Quelle: Mei'r Huamat, Marktgemeinde Telfs, 1997
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