Der Hirte auf Schloß
Rettenberg
Burg Rettenberg mit dem heutigen Bauernhof "Schlossbauer",
Kolsassberg (Tirol)
© Berit
Mrugalska, 24. April 2005
Einem Bäuerlein waren einmal während der Mittagsrast alle seine Schafe von der Weide verschwunden, und wie lang und wo immer er sie suchte, er fand keines und auch nicht die kleinste Spur, die ihm verraten hätte, welchen Weges sie gezogen waren. Gegen Abend geriet er in das Trümmerfeld der Ruine Rettenberg und da, im einstigen Schloßhof, fand er endlich seine Herde. Aber - o Schrecken! - keines der Tiere rührte sich auf seinen Zuruf, sie lagen wie tot dahingestreckt, alle betäubt. Jammernd machte sich das Bäuerlein daran, die Schafe wieder zum Leben zu erwecken, da grollte aus der Tiefe dumpf eine Stimme: "Kannst deine Schafe nicht besser hüten? Hier ist mein Revier!" Das mag der uralte Hirte gewesen sein, der ihn so grob ob seiner Trägheit schalt, den man in früheren Zeiten oft im Schloßhof gespenstern gesehen und tief aufzeufzen gehört.
Wandgemälde am Hof von Rettenberg, Franz
Krautgasser 1959
Mondsichelmadonna wacht über die Vergabe von Burg Rettenberg durch
den Kasiser Maximilian
an Florian Waldauf von Waldenstein
links das Burgmodell, rechts das Wappen von Rettenberg, im Hintergrund
die Nordkette
© Berit
Mrugalska, 24. April 2005
Quelle: Sagen aus Wattens und Umgebung; gesammelt von den Schulkindern in Wattens und Wattenberg. In: Wattener Buch, Beiträge zur Heimatkunde von Wattens, Wattenberg und Vögelsberg. Schlern-Schriften 165, Innsbruck 1958. S. 309 - 326.