Der Teufel holt einen Knappen.
Einmal hat der Teufel einen Knappen geholt, und das ging so zu:
Ein armer Familienvater war angewiesen, einen Hoffnungsbau zu betreiben.
Mit schwerer Mühe gelang es ihm, so viel zu erringen, daß er
mit Frau und Kindern gerade nicht verhungern mußte, denn der Berg
war dort hart und der Hutmann, der ein anderes Maß hatte, war nicht
zufrieden mit dem Schwazer Bergmaß. Alles Bitten und Klagen half
nichts, immer war die gehauene Strecke zu kurz. Da erschien eines Tages
ein sonderbarer Knappe mit allerlei fremdem Werkzeug und trug dem Hilflosen
seinen Dienst an mit der Bedingung, daß er den Hutmann vor das Berggericht
führen und dann ihm überlassen müsse. Der Halbverzweifelte
war einverstanden und zog sich auf Geheiß seines Helfers zurück.
Bald hörte er ein Krachen und Poltern, und Dampf und Rauch und Schwefelgestank
drang zu ihm her. So ging es die ganze Woche und der Stollen verlängerte
sich in der gleichen Zeit um das Zehnfache. Der Hutmann staunte zwar,
fand aber das Maß um die Hälfte zu kurz. Der betrogene Knappe
schaute sich um den Helfer um. Der war verschwunden. Eingedenk seines
Versprechens, verklagte er den Hutmann beim Berggericht. Hier sah er den
Fremden hinter der Tür und, o Schreck, jetzt erblickte er einen Bocksfuß,
der ihm im dämmerigen Stollen entgangen war. Die Klage ward vorgetragen,
der Hutmann beschwor jedoch die Richtigkeit seines Maßes, so daß
der Knappe abgewiesen wurde. Da trat der Teufel vor, packte den Betrüger
beim Kragen und fuhr damit durchs vergitterte Fenster, so daß er
zum richtigen Maß gezogen wurde, das er nie kennen wollte. Weder
der Hutmann noch der Fremde wurden je wieder gesehen.
Quelle: Schwazer Bergwerkssagen, mitgeteilt von Alois Prantauer, in: Tiroler Heimatblätter, 9. Jahrgang, 1931, Heft 3, März 1931, S. 96 - 97.