Die "Venediger"
Zur Zeit der Schneeschmelze kamen alljährlich fremde schweigsame Männer ins Land, die im Pill-, Weer- und Wattentale bachaufwärts zogen und an den vielen Wassertümpeln und künstlich angelegten Prielen (Gerinnen) den abgelagerten Bachsand nach Gold durchsuchten und jenes rein wuschen. Mit dem ersten Frostwetter zogen sie dann wieder beutebeladen heimwärts über den Brenner dem sonnigen Süden zu. Man nannte sie die "Venediger" und ließ sie ruhig schalten, da sie ja niemandem ein Leid zufügten. Als besonders ergiebig galt die Melles- und Nafinger-Alpe, erstere im Watten- und letztere im Weertal, und so manches Säckchen gleißenden schweren Goldsandes war der Lohn unermüdlicher Sommertätigkeit. Als einst in schwerer Gewitternacht ein Wolkenbruch die Anlagen der fremden Männer zerstörte und taubes, haltloses Gesteinsgerölle die Goldadern in den Bachbetten hoch überschüttete, blieben sie aus, denn der Goldreichtum der Bergwässer war für immer versiegt.
Quelle: Von der Erzgewinnung im Wattental und der Verhüttung in Wattens, Georg Mutschlechner, in: Wattener Buch, Innsbruck 1958, S. 39f