Die Berchtlmutter
An einem sternenklaren Berchtlabend ging ein Bauernbursche mutterseelenallein seinem väterlichen Gehöft zu.
Da - mitten auf dem einsamen, verschneiten Waldweg begegnete ihm die Berchtel mit einer großen Schar von Kindern. Sie stapften frierend durch den Flimmerschnee. Die Berchtelmutter zog einen zerbrochenen Schlitten hinter sich, ein Kleines trug sie auf dem Arm, eines auf dem Kücken. Da hielt sie den erschreckten Burschen an und sprach: "Mache mir sogleich meinen Schlitten, ich brauche ihn für meine Kinderlein!" Er tat es sofort, da er zufällig sein Werkzeug bei sich hatte. Als dies geschehen, sagte die Berchtenmutter: "Habe Dank, du sollst belohnt werden! Nimm die restlichen Holzteile, sammle sie sorgfältig und trage sie nach Hause!" Dies ließ sich der Bursche nicht zweimal sagen. Er steckte sie in seinen Rucksack.
Die Berchtenmutter ging zufrieden ihres Weges, die Kinder folgten ihr.
Als der Bursche daheim sein Erlebnis erzählte und seinen Rucksack
öffnete, waren die Holzsplitter pures Gold. Wirklich hatte ihn die
Berchtlmutter belohnt.
Adolf Mühlegger
Quelle: Der Sagenkranz der Wildschönau, in: Heimat Wildschönau, Ein Heimatbuch, Dr. Paul Weitlaner, Schlern-Schriften Nr. 218, Innsbruck 1962, S. 125 - 155.