DIE GOLDZAPFEN
Demselben Bendl stand das Glück nochmals nahe. Als er im Jahre 1805 über die Bachlerfilz in den "Sogtolagrob'n" hinunter stieg, af die "Gambs'n", da hielt er an einer Felsenwand Mittag und nach verrichtetem Dankgebet, wie er sich umschaute, sah er einen offenen Stollen in der Felsenwand, in welchem von oben herab, goldene "Zirmzapf'n" hingen.
Hoch erstaunt und erfreut, lehnte er seinen geladenen Stutzen an den Schrofen, nahm einen losen Stein, um die Goldzapfen herabzuschlagen, aber der Schatzhüter führte ihn in eine Versuchung. Es sprang in dem Augenblick ein hinkender Gemsbock unterhalb vorbei.
Als leidenschaftlicher Gambsjager wollte er den Bock nicht auslassen. Er dachte: "Zuerst schieß i die Gambs, und dann hol' i mir die Goldzapfn", erfaßte hurtig das Gewehr, der Bock war schon ums Eck, er lief und schoß ihm nach - und wie er das erlegte Tier zur genannten Wand brachte, war diese verschlossen und keine Spur vom früheren Stollen zu entdecken.
Hans Wurm sen. in 'Sagen aus Hart im Zillertal',
in: Tiroler Heimatblätter, Heft 10 - 12, 1951, Seite 119