DIE GRAFENKIRCHE

Am sogenannten Ringenwechsel bei Schlitters war vor Zeiten ein Bergwerk in Betrieb, das den Bewohnern der Umgebung guten Verdienst brachte. Den Besitz dieses Bergwerks teilten sich zwei alte Grafengeschlechter, die aber in ständiger Feindschaft miteinander lebten: Graf Martin von Freundsberg und Graf Georg von Rottenburg. Der Freundsberger besaß vier Stollen, der Rottenburger bloß drei.

Der Hass der beiden steigerte sich und führte schließlich dazu, dass sie nicht mehr miteinander in die Kirche gehen wollten. Da ließ sich der Rottenburger als der Schlimmere der beiden eine eigene Kirche bauen. Hass und Fehde währten schließlich so lang, bis beide völlig verarmten. Da kam der Freundsberger in versöhnlicher Stimmung zu seinem Gegner und sagte: "Nun hab' ich nicht mehr als meine Hand, die will ich dir zur Versöhnung bieten."

"Und ich", erwiderte der starrsinnige Rottenburger darauf, "hab' noch eine eiserne Faust, sie dir ins Gesicht zu schlagen!"

Der hartherzige und unversöhnliche Ritter fand nach seinem Tod lange Zeit keine Ruh. Seine Kirche aber wurde im Jahr 1809, als unser Land vom Krieg überzogen wurde, geplündert und niedergebrannt. Sie soll an der Stelle des jetzigen Jägerwirtshauses gestanden sein.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 15