Die Grubenhexe
In der "Außergrube" am Schwendberg hauste vor langer Zeit ein altes Weiblein, das schneidern konnte und zwei junge Bauernmädchen in der Lehre hatte. Die beiden verköstigte sie auch - und das recht ordentlich. So gab es zum Beispiel jeden Morgen Butter und Honig zum Kaffee. Die beiden Mädchen wunderten sich darüber, denn die Alte hatte weder eine Kuh im Stall noch ein Bienenhaus im Garten, und im Dorf unten eingekauft wurden diese Sachen auch nicht.
Als die beiden Nahterinnen einmal allein waren, suchten sie im Haus herum
und fanden dabei in der Speisekammer eine Schüssel, in der ein Totenkopf
lag. Als sie ihn genauer betrachteten, sahen sie, dass er Honig schwitzte.
Ein andermal beobachteten sie die Alte, wie sie hinter der Küchentür
am Handtuch zog und fette Milch daraus molk.
Von der "Gruabnhex"' sind freilich auch weniger gute Taten bekannt
geworden. So wollte der Bauer von "Mittertal" zu Bruch am Schwendberg
einmal buttern, was ihm aber nicht gelang, weil der Rahm nach drei Stunden
immer noch lauter blieb. Weil ihm das schon öfter passiert war, holte
sich der Bauer beim Hippacher Pfarrer Rat. Wieder daheim, schickte er
die Hausleute aus der Stube und verriegelte die Tür. Dann zog er
die Vorhänge zu, machte den Schürhaken glühheiß und
stieß ihn durchs Spundloch in den Butterkübel. Es tat einen
Zischer, und von da an ging das Buttern wie geschmiert.
Kurz darauf kam ein Bub von der "Innergrube" dahergelaufen.
Als man ihn nach dem Wohin fragte, sagte er, er müsse schnell zum
Doktor springen, weil sich die Bäuerin in der "Außergrube"
arg gebrannt habe.