Die Puchlmandln
Unerlöste Seelen, die im Grab keine Ruhe finden und zu gewissen Zeiten auf die Erde zurückkehren, wo sie als Geister "umgehen" müssen, gab es im Zillertal seit jeher in großer Zahl. Die ältesten Leute aus der Gegend um Zell erinnern sich gut daran, wie es jedes Jahr um Allerseelen zuging auf dem Hainzenberg, in der "Kaiserstadt", auf dem Weg in die Gerlos und an manch anderem Ort.
Mit Vorliebe kamen die ruhelosen Seelen in dunklen, feuchten Nächten. Ein grünliches Licht ging von ihnen aus, weshalb man sie "Puchlmandln" nannte. Aus der Ferne schien es nämlich so, als seien Leute mit einer brennenden Fackel unterwegs.
Auf dem Rohrberg gab es zu früheren Zeiten ein großes Puchlmandl. Es soll die Seele eines Selbstmörders gewesen sein, die an jedem Jahrtag dort "geistern" musste.
Freilich haben diese unheimlichen Strahlgeister manchen nächtlichen Wanderer in die Irre geführt. Nicht selten soll dabei einer vom rechten Weg abgekommen und in der Dunkelheit über eine Wand hinabgestürzt sein.
Wenn die Puchlmandln umgingen, blieb man am besten daheim. Es gab aber
doch beherzte Leute, die mit einem frommen Spruch eine arme Seele nach
der anderen erlösten. So blieben die Puchlmandln mit der Zeit aus,
und die Gegend ist seither frei von jeglichem Spuk.
Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 49.