DlE GOLDENEN ZlRBENZAPFEN

Wenn die Harter der goldenen Sachen habhaft geworden wären, die es der Sage nach in ihrer Gegend gegeben haben soll, würden sie heute steinreich sein. Der Jäger aber, von dem gerade die Rede war, wäre der Reichste unter ihnen. Ihm soll das Glück nämlich ein zweites Mal seine goldene Hand entgegengestreckt haben.

Nicht lang nach der Sache mit dem Goldlehm war es. Der Jäger befand sich auf dem Rückweg von der Gämsenjagd und stieg über die Bachlerfilz gegen den Sagtalgraben hinunter. Dort angekommen, setzte er sich unter die jäh aufstrebende Felswand und hielt Mittagsrast. Als er seinen Weg fortsetzen wollte, gewahrte er in der Wand eine Kluft. Neugierig geworden, steckte er den Kopf hinein. Was er zu sehen bekam, dünkte ihn wie ein Wunder: Der Spalt erweiterte sich zu einer Höhle, von der Decke hingen eine Menge großer Zirbenzapfen. Die aber waren aus purem Gold. Hocherfreut über diesen unvermuteten Fund griff der Jäger nach seinem Stock, um die Zapfen herunterzuschlagen.

In diesem Augenblick sprang ein Stück unterhalb des Rastplatzes ein hinkender Gämsbock von stattlicher Größe vorbei. Da packte den Jäger das Jagdfieber so sehr, dass er alle Goldzapfen vergaß, nach der Büchse griff und dem Bock nachsetzte. "Die Zapfen laufen mir nicht davon", dachte er. "Zuerst hol' ich mir den Bock!"

Als er einige Zeit später mit der Beute zurückkam, hatte sich die Felswand geschlossen, und seither hat sie sich nie mehr geöffnet.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 31