DAS BERCHTENLAUFEN

Alle Jahre um Dreikönig laufen die Berchten; diese sind gekleidet wie recht häßliche Tiere und haben Bockshörner auf und große Schellen an. So sind auch einmal vor langer Zeit die Berchten - es waren ihrer zwölf - über den Hüttenbrunnen hin- und hergesprungen vor lauter Übermut. Da war auf einmal eine dreizehnte, noch viel abscheulichere, unter ihnen, welche viel höher sprang als alle anderen. Wie nun die anderen diese sahen, liefen sie alle bis auf einen davon; denn dieser meinte, er würde wohl fertig werden mit jener und fieng zu raufen an. Aber sie sprang auf ihn los und warf ihn auf den Boden, daß er sich einen Fuß brach. Die andere Berchta lief aber dann davon und als sie den Fuß aufhob, sah er, daß sie Bockfüße habe. Der Mann aber, der sich den Fuß gebrochen hatte, starb am zweiten Tage darauf. Er bereute noch seinen Frevel, daß er dort mit jener Berchta zu raufen angefangen habe. Noch jetzt haben die Bauern den Glauben, daß je mehr Berchten laufen, desto besser auch das Jahr würde. Deßhalb bewirthet man sie auch mit Schnaps und Kletzenbrod. Auch am Sebastianstage laufen die Berchten. (Fieberbrunn.)


Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 37, Seite 24