DIE GRAUEN MÄNNLEIN
In einigen Stollen des Schwazer Bergwerkes lassen sich zuweilen kleine Männlein sehen. Sie sind gekleidet wie die Knappen und tragen lange Bärte. Sie sind gutmüthig und schaden nur jenem, der sie neckt. Oft halfen sie den Knappen, die sich vor ihnen nicht fürchteten, bei schweren Arbeiten. Das Angeredetwerden scheuen sie. Wenn sie einem bei der Arbeit geholfen hatten, mußte man zu ihnen sagen: "Vergelt's dir Gott."
Figur vom Knappenbrunnen in Schwaz
Künstler: Franz Kobald, um 1900
Vgl. Dehio-Tirol, 1980, S. 715
© Berit
Mrugalska, 8 Februar 2005
Unterließ ein Knappe aus Unbesonnenheit oder Absicht diesen Dank, begegnete ihm ein Unglück. So hatten einmal zwei böse Knappen den Befehl, in die Falkengrube, einen der gefährlichsten Stollen, einzufahren. Sie thaten es und alsbald erschienen zwei graue Männlein. Da neckten die Knappen die Männlein und sprachen zu ihnen: "Ihr Dinger, bringt uns etwas zu essen und trinken her. Das ist geschickter, als so müssig da stehen!" Auf diese Worte verschwanden die Männlein plötzlich, und der Schacht stürzte ein und begrub die Knappen. Seitdem hat man vor den grauen Männlein keine kleine Scheu. (Schwaz.)
Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche
aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck
1891, Nr. 148, Seite 91