DIE LETZTE TRÖSTUNG
Über dem Tristacher See ragt die sogenannte hahle Wand.
Hier verirrte sich ein Jäger so, daß er weder vorwärts
noch rückwärts konnte. Als die Leute ihn bemerkt und die Kunde
davon nach Tristach gebracht hatten, trug der Pfarrer das heiligste Sakrament
an den See heraus, daß sich der Unglückliche wenigstens am
Anblicke der himmlischen Wegzehrung laben könne. Er stellte den geweihten
Kelch auf einem Steine nieder und betete vor demselben mit dem versammelten
Volke. Da erhob sich plötzlich die hl. Hostie aus dem Kelche und
schwebte zum Jäger hinauf, der die hl. Wegzehreung voll Andacht empfieng.
Bald darauf verließ ihn die letzte Kraft, und er stürzte todt
in die Tiefe.
Der Kelch ließ im Steine, auf dem er stand, deutliche Spuren zurück,
die man noch heute sehen kann. (Bei Lienz.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben
von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 870, Seite 506