Das unrechte Güt'l
Tragt nichts in's Hüt'l
Ein armer Greis, der seinen Karren den Schönberg hinanschob, fand
einen Beutel voll Goldstücke. Der redliche Mann übergab das
Geld den Wirthsleuten auf dem Berge mit dem Bedeuten, sie sollen es einstweilen
aufbehalten und den Fund in der Kirche verkünden lassen. Nach etlichen
Wochen werde er den Finderlohn oder, wenn sich kein Eigenthümer melden
würde, das Geld abholen. Als der Alte fort war, lachten sich die
geizigen Wirthsleute in die Faust, behielten das Geld und machten nirgends
eine Anzeige vom Funde. Dem Alten gaben sie später einige Thaler
als Finderlohn und sagten, ein landfremder Herr habe das Geld geholt.
Doch wie es geht: unrecht Gut thut nicht gut. Der Wirth starb bald darauf
und die Ruhe war aus dem Hause gewichen. In jeder Nacht schlabte der Geist
in die Kammer der Wirthin und forderte sie bei ihrem Seelenheile auf,
das unrechte Gut zurückzustellen. Da antwortete aber einmal die geizige
Kröte: "Wenn du's in der Hölle aushalten kannst, wird sie
mir auch nicht zu heiß werden." Bald darauf starb sie eines
jähen Todes, und nun hatte es im Hause auch kein Gleichniß
mehr. Allnächtlich kam das verdammte Ehepaar, rumorte und raufte,
daß niemand mehr im Hause wohnen mochte. Endlich nahm der Erbe,
nachdem er das unrechte Gold zurückgegeben hatte, zu einem frommen
Franziskaner die Zuflucht, der beide Geister auf die Serlesspitze hinaufbannte,
wo sie jetzt noch in hohen Festzeiten sich hören und sehen lassen.
(Matrei.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 473, Seite 266f.